Trans-Regnal Kingship in the Thirteenth Century

Trans-Regnal Kingship in the Thirteenth Century

Organisatoren
Jörg Peltzer, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg / University of East Anglia Norwich; Nicholas Vincent, University of East Anglia Norwich
PLZ
WC1A 2NJ
Ort
London
Land
United Kingdom
Fand statt
In Präsenz
Vom - Bis
23.03.2023 - 25.03.2023
Von
Jörg Peltzer, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg / University of East Anglia Norwich; Nicholas Vincent, University of East Anglia Norwich

Vom 23. bis 25. März fand am DHI London die von Jörg Peltzer (Heidelberg/Norwich) und Nicholas Vincent (Norwich) im Rahmen der British Academy Global Professorships organisierte Tagung „Trans-Regnal Kingship in the Thirteenth Century“ statt. Es ging dabei im Kern um die Frage, wie sich verändernde Vorstellungen und Praktiken des Königtums (z.B. Neudefinition der Lehnsbindung zwischen zwei Herrschern; der König als Kaiser in seinem Königreich; die Entstehung der communitas regni) im 13. Jahrhundert auf die lang-etablierte Praxis von trans-regnaler Herrschaft auswirkten und inwieweit sich trans-regnale Verknüpfungen in personellen, organisatorischen und materiellen Befunden ausbildeten. Der Begriff „trans-regnales Königtum“ wurde dabei weit gefasst. Er bezog sich auf die Herrschaft über mindestens zwei Königreiche, aber auch über ein Königreich und weitere, in der Regel räumlich weiter entfernt gelegene Herrschaften. Die Organisatoren betonten, dass es ihnen mit diesem Begriff nicht darum gehe, bestehende Termini für gleiche oder ähnliche Phänomene wie beispielsweise Union, composite monarchy oder Imperium zu ersetzen, sondern die Aufmerksamkeit auf sich verändernde Charakteristika des Königtums im 13. Jahrhundert zu lenken. Der räumliche Fokus lag auf dem Angevinischen Reich, dem Reich Karls von Anjou, Frankreich, dem römisch-deutschen Reich sowie dem Papsttum.

Dreizehn Forscher:innen aus Europa und den USA gingen diesen Fragen aus unterschiedlichen Perspektiven nach. In den von FRÉDÉRIQUE LACHAUD (Paris) untersuchten zeitgenössischen theoretischen Abhandlungen über Königtum wird das Thema kaum explizit behandelt. Der „monarchische“ Charakter des Königtums mag hier eine erhebliche argumentative Hürde dargestellt haben. Allerdings war die Herrschaft über mehrere Reiche auch nicht durchweg positiv konnotiert. Gerade Tyrannen zeichneten sich dadurch aus, dass sie begierig danach trachteten, sich weitere Herrschaften untertan zu machen. Auch in der von WILLIAM CHESTER JORDAN (Princeton) in den Blick genommenen theologischen Lesart des Phänomens am Hof des französischen Herrschers Ludwigs IX. herrschte Skepsis vor. Dies, so Jordan in seinem Abendvortrag, könnte ein Grund gewesen sein, warum Ludwig selbst es ablehnte, eine weitere Krone zu tragen. Andere Gedankengänge wurden wiederum am päpstlichen Hof entwickelt. Hier wurde, so BARBARA BOMBI (Kent) zum einen mit Verweis auf einschlägige Stellen im Matthäus- und Johannesevangelium die Souveränität des Papstes über weltliche Herrscher betont, zum anderen seit der Publikation der Dekretale Novit ille durch Innozenz III. im April/Mai 1204 das Recht des Papstes als Schiedsrichter zwischen zwei streitenden Herrschern zu agieren, herausgestellt. Damit aber war ein konkretes Werkzeug geschaffen, um ein aktives Eingreifen des Papstes in den angevinisch-kapetingischen Konflikt zu legitimieren.

Im Hinblick auf die chronikalische Verarbeitung des Themas mit dem Fokus auf das römische Kaisertum untersuchten LEN SCALES (Durham) und BJÖRN WEILER (Aberystwyth) das römisch-deutsche Reich bzw. England. Scales konnte zeigen, dass es im römisch-deutschen Reich zwar ein Bewusstsein dafür gab, dass die Herrschaft über mehrere Königreiche ein Proprium des Imperiums war, doch dass dieses Bewusstsein regional sehr unterschiedlich ausgeprägt war. Dies entsprach einer großen Bandbreite, innerhalb derer die Herrscher das Kaisertum inszenierten. Der vor allem anhand von Matthäus Parisiensis, dem schreibfreudigen Mönch von St Albans, untersuchte englische Blick auf das Phänomen Imperium ergab ein vielschichtiges, nicht immer scharfes Bild. Mehr oder weniger präzises Wissen über das antike römische Reich wie das römisch-deutsche Reich prägten zeitgenössische Vorstellungen, ohne dass die Frage trans-regnalen Königtums eingehender erörtert worden wäre. War es in diesem Kontext zu selbstverständlich um eigens thematisiert zu werden?

Die herrschaftliche Praxis im Imperium war Gegenstand der Vorträge von MARTIN KAUFHOLD (Augsburg) und LIOBA GEIS (Köln). Kaufhold verwies zunächst auf einen qualitativen Wandel der Herrschaftsausübung vom 12. bis zum späten 13. Jahrhundert. Gehörte bei all den damit verbundenen Problemen die aktive Herrschaftsausübung auf beiden Seiten der Alpen zum Selbstverständnis und zur Praxis der staufischen Kaiser, war dies bei den Königen des so genannten Interregnums anders. Hier konzentrierte sich das aktive Regieren auf das Reich nördlich der Alpen und längere Abwesenheiten führten zur Ausbildung neuer Strukturen, insbesondere der Schiedsgerichtsbarkeit. An eine administrative oder personelle Verzahnung des Reichs nördlich und südlich der Alpen war unter diesen Voraussetzungen nicht zu denken. Sizilien, so Geis, war selbst unter den Staufern nicht mit dem deutschen Reichsteil verknüpft, auch ideell betonte Friedrich II. im Unterschied zu seinem Vater die Unabhängigkeit des Königreichs gegenüber dem Imperium. Es war mit ihm verbunden, nicht seit alters her ein Teil von ihm. In der Tat dominierten Einheimische die sizilische Verwaltung, aber die auf eine sehr starke Abschottung Siziliens zielenden Bestimmungen Friedrichs wurden noch unter seiner Herrschaft aufgeweicht. Gerade mit Norditalien gab es personellen Austausch. Neue Dynamiken entstanden mit dem Herrschaftswechsel zu Karl von Anjou, dessen bemerkenswerte Ansammlung von Titeln und Ansprüchen im Mediterraneum Gegenstand des Vortrags von DAVID ABULAFIA (Cambridge) war. In Sizilien führte Karls Herrschaft zur Ankunft einer Reihe von Franzosen in der Administration des Königreichs und auch im Bereich der von PAOLO VITOLO (Neapel) untersuchten Architektur ist sowohl im Stil wie in der Intensität der Bautätigkeiten eine klare Handschrift der neuen Herren erkennbar – möglichweise sogar stärker als unter Friedrich II. Aber eine seine Herrschaften übergreifende, auf eine engere Verbindung abzielende Strategie lässt sich kaum feststellen. Die trans-regnale Herrschaft Karls manifestierte sich vor allem in seiner Person.

Karl von Anjou ist vielleicht der prominenteste Fall eines französischen Großen, der sich im Mittelmeerraum um multiple Herrschaften bemühte. Er war aber nicht der einzige. GREGORY LIPPIAT (Exeter) präsentierte die in Folge von Kreuzzugsaktivitäten entstandenen Herrschaften der Lusignans, Briennes und Montforts. Während die Lusignans ihre Verwandten im Poitou auf Distanz hielten, also kaum von trans-regnaler Herrschaft zu sprechen ist, blieben die Briennes stark in der Champagne verankert – vielleicht Ausweis der jeweils unterschiedlich starken Positionen in den Königreichen von Zypern (Lusignan) und Jerusalem (Brienne). Das Vorgehen der Montforts, sich nach beiden Seiten hin alle Möglichkeiten offen zu halten, ist zwischen diesen beiden Extremen anzusiedeln.

Einen weiteren locus classicus trans-regnaler Herrschaft analysierte DANIEL POWER (Swansea) mit dem Angevinischen Reich nach 1204/6, also nach dem Verlust der Normandie und des Groß-Anjou an Frankreich. Insgesamt wurde wenig investiert, um personelle Bindungen mit den verbliebenen Festlandsbesitzungen zu stärken. Gleichwohl geriet die Gascogne stärker in den Blick der Krone und 1252 erklärte Heinrich das Herzogtum als dauerhaft und unveräußerbar mit der englischen Krone bzw. dem Krongut verbunden. Die Schaffung einer Apanage für seinen Sohn Eduard war hier treibendes Motiv. Auch kamen in der Folge die Seneschalle in der Regel aus England, die unteren administrativen Chargen blieben freilich in lokaler Hand. Im Hinblick auf Formen administrativer Herrschaft untersuchte FRÉDÉRIC BOUTOULLE (Bordeaux) die Praxis der Enqueten in der Gascogne. Die Praxis ist in Einzelfällen bereits seit dem Ende der Regierungszeit König Johanns nachweisbar und nahm unter Eduard seit den 1250er-Jahren zu, ohne jedoch auch nur annähernd die Häufigkeit zu erreichen, mit der sie in England praktiziert wurde. Aufgrund der weitverbreiteten Praxis der Enqueten auch im kapetingischen Frankreich bleibt fraglich, inwieweit man hier von einer spezifisch angevinischen Herrschaftspraxis sprechen sollte. Diese Ambiguität war auch das zentrale Thema des Vortrags von LINDY GRANT (Reading) zur Architektur, vor allem der Kirchenbauten, in den (ehemaligen) kontinentalen Besitzungen der Angeviner. Gab es niemals Zweifel an der politischen Signifikanz des prächtigen Burgenneubaus in Angers durch Karl von Anjou, ist die Sachlage bei Kirchenbauten weitaus komplexer. Zwar kann man feststellen, dass seit den 1240er-Jahren regionale Motive durch den mit den Kapetingern assoziierten Rayonnantstil ersetzt wurden, aber eine klare politische Aussage war damit kaum verbunden, weil dies nicht nur in den eroberten Gebieten der Fall war, sondern auch dort, wo Bischöfe den angevinischen Königen nahestanden. Trans-regnales Königtum traf hier auf die ästhetischen Vorstellungen und den Wettbewerb der Bischöfe innerhalb der Universalkirche. Die praktische Erfahrung architektonischer Entwürfe der Zeit ermöglichte DAVID CARPENTER (London), indem er die Teilnehmer:innen der Tagung durch Westminster Abbey führte. Der in England situierte Prestigebau des Angevinen Heinrichs III. mit seiner vielschichtigen Formensprache und den Grabmälern von Eleonore von Kastilien, Frau Eduards I. und Tochter Johannas von Ponthieu, oder von Aymer de Valence, ein Lusignan-Halbruder Heinrichs III., demonstrierte in eindrucksvoller Form manche der auf der Tagung diskutierten Aspekte trans-regnalen Königtums im 13. Jahrhundert. Eine Schlussdiskussion rundete die Tagung ab, deren Beiträge publiziert werden sollen.

Konferenzübersicht:

Welcome: Christina von Hodenberg (London)

Introduction: Jörg Peltzer (Heidelberg/Norwich)

Contemporary perceptions
Chair: John Sabapathy

Frédérique Lachaud (Paris): Trans-regnal Kingship in Thirteenth-Century Political Thought

Len Scales (Durham): Emperor of Many Peoples: trans-regnal monarchy in thirteenth-century chronicles from the western Empire

Björn Weiler (Aberystwyth): Meanings of Empire in Thirteenth-Century England

The Empire and the Angevin Empire
Chairs: John Gillingham / Adrian Jobson (Norwich)

Daniel Power (Swansea): The Angevin Empire in the Thirteenth Century: survival, reorganisation and reorientation

Martin Kaufhold (Augsburg): King in absentia - Royal Justice in the German Lands

Frédéric Boutoulle (Bordeaux): Royal Enquiries in Gascony during the Reign of Henry III

Crowns up for grabs I?
Chair: David Carpenter (London)

Barbara Bombi (Kent): A Special Case? The papacy

Gregory Lippiat (Exeter): Holy Opportunity: the creation of crusading principalities in the thirteenth century mediterranean?

Crowns up for grabs II?
Chair: David d’Avray (London)

Lioba Geis (Köln): Profitemur imperium nichil prorsus iuris habere in regno Sicilie. The relations between Empire and Sicily during the reign of Frederick II

David Abulafia (Cambridge): Sicily under Angevins and Aragonese

Evening Lecture_

William Chester Jordan (Princeton): A Different Path? The single crown of Louis IX

Material representations
Chair: Marcus Meer (London)

Paola Vitolo (Napoli): The many Sicilies? The architecture of its rulers in the thirteenth century

Lindy Grant (Reading): Imposition and Appropriation? Architecture, the associated arts, and the presentation of rulership in the shell of the Angevin Empire in the thirteenth century

Nicholas Vincent (Norwich): Conclusion and Round-table Discussion: Trans-regnal kingship in the thirteenth century

Redaktion
Veröffentlicht am
Klassifikation
Region(en)
Weitere Informationen
Land Veranstaltung
Sprache(n) der Konferenz
Englisch
Sprache des Berichts